Die meisten HIV-Therapeutika wirken, indem sie die Replikation, also das Kopieren des HI-Virenerbguts, hemmen. Dadurch wird die Vermehrung der Viren gehemmt, weshalb sie sich nicht weiter im menschlichen Körper ausbreiten können. Die Viruslast (Menge von HI-Viren pro mL Blut) bleibt sehr gering bis gar nicht nachweisbar. Durch zufällige Veränderungen (Mutationen) in der Genetik des HI-Virus kann es jedoch sein, dass die Therapeutika nicht mehr ausreichend wirken können. Die HI-Viren zeigen also eine Resistenz gegen diese Therapeutika. Als Folge kann die Viren-RNA-Replikation nicht mehr ausreichend gehemmt werden und die Ausbreitung des Virus kann nicht mehr ausreichend gestoppt werden. Die Viruslast im Blutbild steigt. Im schlimmsten Fall, wenn nichts dagegen unternommen wird, kann dies zur Ausbildung des Vollbilds AIDS führen. 

Die Entstehung von Resistenzen war gerade zu Beginn der Entwicklung der HIV-Therapeutika ein großes Thema. Durch die Vielzahl an Wirkstoffen und die grundsätzliche Durchführung von Kombinationstherapien, bei welchen mehrere Wirkstoffe miteinander kombiniert werden, kann der Resistenzbildung heutzutage entgegengewirkt werden. Jedoch kommt es auch bei heute eingesetzten Therapeutika zu Resistenzen. 

Im letzten Jahr 2024 veröffentlichte die WHO neue Zahlen zu HIV-Resistenzen gegen den Wirkstoff Dolutegravir, welcher sich unter anderem in Dovato® und Tivicay® befindet und heute einen der am häufigsten eingesetzten Wirkstoffe in der HIV-Therapie darstellt. Daten von acht HIV-Kohorten aus wohlhabenderen Ländern stellten Dolutegravir-Resistenzen, die zu einer Minderung der Viruslast-Senkung führten, bei 4,8% der Patienten heraus. Der United States President’s Emergency Plan for AIDS Relief konnte Werte von 3,9 bis 19,6% in verschiedenen Studien feststellen. Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass für eine genauere Einschätzung der Resistenzsituation die Durchführung von einer größeren Anzahl an Studien notwendig ist. Durch die Zahlen kann aber gezeigt werden, dass die Bildung von Resistenzen auch heute noch eine Relevanz hat.

Aber wie entstehen Resistenzen überhaupt? Resistenzen können entweder schon vor der Einnahme von Medikamenten auftreten oder aber während der Medikamenteneinnahme erst entstehen. Letzteres kann durch verschiedene Faktoren begünstigt werden, vor allem aber durch die nicht ordnungsgemäße Einnahme der Medikation. Die Virenvermehrung kann nur ausreichend gehemmt und die Viruslast ausreichend niedrig gehalten werden, wenn der Wirkstoffspiegel im Blut möglichst konstant im wirksamen Bereich bleibt. Das wird durch eine regelmäßige Einnahme der Medikation unter Einhaltung der Einnahmeregeln, beispielsweise Abstände zum Essen, gewährleistet. Vergisst der Patient regelmäßig Tabletten, kann es zeitweise zu einem Absinken des wirksamen Wirkstoff-Spiegels kommen, was dazu führt, dass die Virenvermehrung nicht mehr ausreichend gehemmt wird. Dadurch können sich die HI-Viren weiter vermehren, auch die HI-Viren, die zufälligerweise durch Mutationen Resistenzen ausbilden. Diese Resistenzen können auch auf andere Menschen übertragen werden bei Übertragung des Virus.

Die WHO schlägt als Maßnahmen gegen die Resistenzen zu aller erst die Aufforderung zur Adhärenz, das bedeutet die ordnungsgemäße Einnahme des Patienten gegenüber seiner Therapie, vor. Des Weiteren sollen möglichst neue alternative Therapeutika erstellt werden, die Virenlast häufiger getestet und im Fall einer festgestellten Resistenz ein schneller Wechsel der Therapie erfolgen, damit sich die resistenten Viren gar nicht erst ausbreiten können, sondern durch die neuen Therapeutika mit anderen Angriffspunkten möglichst in ihrer Ausbreitung eingeschränkt werden. 

Quelle: https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/376039/9789240086319-eng.pdf?sequence=1; https://www.who.int/publications/i/item/9789240086319; https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/hiv-drug-resistance