Aktuelle Themen

Apretude® wurde im Dezember 2021 von der FDA in den USA zugelassen. Es handelt sich um Injektionen, die alle zwei Monate von einem Arzt injiziert werden, wobei zu Beginn zwei Injektionen mit einem Monat Abstand gegeben werden und wenn es gewünscht ist, kann auch eine einmonatige Einnahme von Cabotegravir-Tabletten (Vocabria®) zur Überprüfung der Verträglichkeit vorgenommen werden. In Deutschland ist Apretude® bisher noch nicht erhältlich.

Menschen, die sich trotz der langwirksamen Prä-Expositionsprophylaxe Apretude® (Wirkstoff Cabotegravir) mit HIV infizieren, haben typischerweise eine sehr geringe Viruslast. Dies kann dazu führen, dass die Infektion mit den Standard-Tests über Monate nicht entdeckt werden kann. Das Phänomen wird auch als „long-acting early viral inhibition syndrome (LEVI) bezeichnet.

Zwei neue klinische Studien, in denen die Apretude®-Injektionstherapie mit einer oralen Therapie verglichen wurde, zeigen, dass Apretude® eine größere Sicherheit bietet, als die tägliche orale Tabletten-Therapie der Zweifachkombination Tenofovirdisoproxilfumarat und Emtricitabin. Nichtsdestotrotz hat man in der Nachkontrolle der Studien festgestellt, dass sich eine kleine Anzahl an Probanden beider Gruppen trotz der PrEP mit HIV infiziert hat. In Zahlen 34 von 2.282 Probanden, wobei 16 dieser 34 eine schlechte Therapietreue aufgrund der oralen Therapie aufwiesen und das Medikament nicht therapietreu eingenommen haben. Bei vier Probanden konnte rückwirkend nachgewiesen werden, dass sie zur Beginn der Studie schon mit HIV infiziert waren, aber die Infektionen zu frisch waren, um mit dem Standard-Test identifiziert zu werden. In acht weiteren Fällen kam es zur HIV-Infektionen während der oralen Einleitungsphase der Injektionstherapie, nach einer verzögerten Injektion oder zur Zeit der Wiedereinführung der Apretude®-Injektionstherapie nach einer PrEP-Unterbrechung. Also bleiben nur sechs von 2.282 Probanden, die sich mit dem Virus trotz richtigem Therapieschema und –treue infiziert haben.

Menschen mit dem LEVI-Syndrom haben eine geringe oder unter der Nachweisgrenze liegende HIV-RNA-Last und die HIV-DNA Level sind ebenfalls gering. Dies lässt die Vermutung zu, dass der Aufbau eines viralen Reservoirs möglicherweise limitiert ist. Diese Virusunterdrückung und dadurch auch die verzögerte Antikörperexpression können auch monatelang nach der letzten Apretude®-Injektion vorherrschen. Anders als Neuinfektionen, die häufig Symptome wie Fieber, Nachtschweiß, Fatigue oder Muskelschmerzen aufweisen, haben LEVI-Infektionen typischerweise weniger oder überhaupt keine Symptome. Zusätzlich ist die Viruslast so gering, dass eine Übertragung unwahrscheinlicher ist.

Das große Problem des LEVI-Syndroms ist die sehr verzögerte HIV-Detektion und daraus folgend das Problem, dass die vollständige antiretrovirale Behandlung verzögert gestartet werden könnte und eine Weiterbehandlung mit Apretude® allein die Gefahr einer Resistenzbildung gegen den Wirkstoff deutlich erhöht.

Die FDA und das Zentrum für Seuchenkontrolle und Prävention empfehlen deshalb einen sensitiveren HIV-RNA-Test, anstatt den Standard-Test, um Patienten zu screenen, die mit Apretude® behandelt werden. Forschende evaluieren nun RNA-Testungen, um zu bestimmen, bei welchen die Vorteile der Tests die Kosten überwiegen.

Des Weiteren werden zusätzliche Studien benötigt, um zu sehen, ob das LEVI-Phänomen auch bei anderen potenten lang-wirksamen PrEP-Wirkstoffen auftritt.

Quelle: Science News Artikel „HIV Infection While Using Apretude PrEP Is Harder to Detect“ by Liz Highleyman (24. März 2023)

Laut einer neuen kleinen Studie, die auf der 30. Konferenz zu Retroviren und opportunistischen Infektionen präsentiert wurde, bleibt die Inzidenz von sexuell übertragbaren Infektionen (STIs) bei Patienten die Präexpositions-Prophylaxe (PrEP) einnehmen stabil hoch. Allerdings sind die Inzidenzen von Chlamydien und Gonorrhö leicht rückläufig.

In der Studie wurde gezeigt, dass die Anzahl von wechselnden Sexpartnern rückläufig ist, was wahrscheinlich auch auf die Corona-Beschränkungen zurückzuführen ist, aber die Zahl von kondomlosem Analsex mit wechselnden Partnern bei MSM (Männer die Sex mit Männern haben) leicht gestiegen ist. Nichtsdestotrotz trug dies nicht dazu bei, dass die Zahl der Geschlechtskrankheiten signifikant gestiegen ist, wie es zu Beginn bei der Einführung der PrEP befürchtet wurde.

Die Studie zeigt somit auf, dass regelmäßiges Testen durch die regelmäßigen Arztbesuche zur Verschreibung der PrEP und die Behandlung von STIs weiterhin Priorität bei PrEP-Anwendern haben!

Als Ergänzung konnte in einer weiteren Studie, die auf der Konferenz vorgestellt wurde gezeigt werden, dass Doxycyclin als Postexpositions-Prophylaxe die Inzidenz Syphilis und Gonorrhö signifikant verringern kann

Quelle: https://specialty.mims.com/topic/prep-use-tied-to--stable--sti-incidence--sexual-behaviour-among-msm

Bei der PrEP handelt es sich um eine Prä-Expositionsprophylaxe, bei der HIV-Negative ein Medikament einnehmen, um sich vor einer Infektion mit HIV zu schützen. Die PrEP schützt jedoch nur vor HIV und nicht vor anderen Geschlechtskrankheiten. Sie ist eines der wichtigsten Mittel zur Kontrolle der HIV-Pandemie und wird daher auch von der WHO empfohlen. Vor allem angesichts der jüngst abgebrochenen Mosaico-Studie, dem großen Hoffnungsträger bei den Impfstudien, ist die PrEP ein enorm wichtiger Teil der Präventionsstrategie von HIV.

Die übliche PrEP besteht auf einer Zweistoffkombination von Tenofovirdisoproxil (TDF) und Emtricitabin (FTC). Dabei kann man zwischen einer durchgehenden oder „On-Demand“ Therapie unterscheiden.

Bei der durchgehenden Therapie wird täglich eine Tablette eingenommen, während bei der „On-Demand“ Therapie die Einnahme nur im Bedarfsfall erfolgt.

Als Vorteil dieser  Zweistoffkombination wird meist die geringe Gewichtszunahme und die geringe Senkung der Blutlipide genannt. Zudem ist die Einnahme in der Schwangerschaft und Stillzeit sicher. Ein großer Vorteil ist die Möglichkeit der „On-Demand“-Einnahme. Dabei hat man, bei gleicher Wirksamkeit, die Flexibilität nur die Zeiten des erhöhten Risikos abzudecken. Hier unterliegt der Patient aber natürlich einer gewissen Mitverantwortung, wenn es durch eine versäumte Einnahme oder einer Fehleinschätzung der Risikosituation zu einer Infektion kommt. Deswegen ist die ,,On-Demand’‘-Einnahme nicht offiziell zugelassen.

Vor allem die regelmäßige Kontrolle und Aufklärung über mögliche Anzeichen einer akuten Infektion sind hier wichtige, denn eine PrEP-Einnahme sollte nicht erfolgen, wenn bereits eine Infektion vorliegt. Damit würde dem Virus die Chance gegeben eine Resistenz gegen einen der Wirkstoffe auszubilden und dadurch eine Therapie der Infektion deutlich zu erschweren.

Neben der herkömmlichen PrEP ist in den USA zusätzlich noch die injizierbaren PrEP Apretude®  zugelassen. Dabei wird der Wirkstoff Cabotegravir in 8-wöchigen Abständen injiziert. In Studien war dies der oral einzunehmenden, klassischen  PrEP hinsichtlich der Verminderung der Infektionszahlen überlegen. Von der WHO wird diese Option bereits empfohlen jedoch ist sie in Deutschland noch nicht verfügbar. Alleine logistisch treten hier Probleme durch die häufigen Injektionen auf. Außerdem besteht die Problematik, dass im Falle einer HIV-Infektion durch die lange Wirksamkeit des Mittels die Gefahr der Resistenzentwicklung höher ist.

Als weitere orale PrEP-Optionen werden in Studien die Wirkstoff Lenacapvir und Islatravir analysiert. Letzteres wurde als einmal monatliche PrEP-Option untersucht. Jedoch musste hier bereits eine Studie aufgrund von Toxizitätsproblemen abgebrochen werden. Nun läuft eine neue Studie an in der der Wirkstoff in einer geringeren Dosierung getestet wird.

Man kann also gespannt sein, welche Alternativen die nächsten Jahre für die Prä-Expositionsprophylaxe von HIV aufkommen werden. Was aber alle genannten Therapieoptionen gemeinsam haben ist, dass sie gewissenhaft und ohne Abbruch eingenommen werden müssen.

Quelle: PrEP heute, morgen und übermorgen, HIV & More, Ausgabe 1 März 2023

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.