Das HIV-Übertragungsrisiko während der Schwangerschaft und der Stillzeit liegt bei Nichtbehandlung der HIV-positiven Mutter bei etwa 15-25% und ist zum Zeitpunkt der Geburt maximal. Durch eine passende und gewissenhafte Therapie und weiteren Vorkehrungen, vor allem zur Geburt, kann das Risiko jedoch auf unter 1% erniedrigt werden. 

Die meisten Frauen wissen vor Beginn der Schwangerschaft schon über ihre HIV-Infektion Bescheid und führen im besten Fall ein für sie passendes Therapieschema durch. Im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge kann ein freiwilliger HIV-Antikörper-Test durchgeführt werden. Für diesen wird nur die Durchführung, nicht aber das Ergebnis, im Mutterpass notiert. 

Spätestens nach Vorliegen eines positiven Ergebnisses sollte schnellstmöglich eine Therapie gestartet werden. Ziel der Therapie ist, dass die Virenmenge im Blut so weit abgesenkt wird, dass sie nicht mehr nachweisbar ist, sodass sie also unter der Nachweisgrenze von 50 HIV-RNA-Kopien/mL liegt. Über die Wahl der Medikamente sollte mit dem Arzt in einer HIV-Schwerpunktpraxis gesprochen werden. Es wird HIV-positiven Schwangeren im Allgemeinen stark empfohlen, für eine bestmögliche Therapie und Betreuung neben dem Frauenarzt auch im regelmäßigen Austausch mit einer HIV-Schwerpunktpraxis zu stehen. Besonders wichtig in der Schwangerschaftsvorsorge sind neben einer passenden Therapie bei HIV-positiven werdenden Müttern auch regelmäßige Blutkontrollen zur Überprüfung auf eine HPV-, Chlamydien-, Trichomonaden-Infektion und eine bakterielle Vaginose, die möglichst schnell behandelt werden sollten, da sie das HIV-Übertragungsrisiko erhöhen. 

Viele Schwangere wünschen sich eine natürliche vaginale Geburt, doch ist das HIV-Übertragungsrisiko während der Geburt am höchsten, da es auch durch die Vaginalschleimhaut der Mutter zu einer Ansteckung des Neugeborenen kommen kann. Trotzdem ist eine vaginale Geburt unter bestimmten Bedingungen auch bei Schwangeren mit einer HIV-Infektion möglich. Voraussetzung ist, dass die Schwangere eine passende HIV-Therapie erhält und dass die HIV-RNA mindestens vier Wochen vor und bis zur Entbindung unter 50 Kopien/mL, also unter der Nachweisgrenze, liegt. Liegt der Wert der HIV-RNA aber bei über 50 Kopien/mL, muss aufgrund des zu hohen Infektionsrisikos ein Kaiserschnitt durchgeführt werden.

Nach der Entbindung wird beim Neugeborenen eine sogenannte postnatale Expositionsprophylaxe durchgeführt. Dafür wird innerhalb von 6h nach der Geburt mit einer Zidovudin-Gabe gestartet, die für zwei Wochen fortgeführt wird. In manchen Fällen, wenn die HIV-RNA-Kopienzahl der HIV-positiven Mutter während der Schwangerschaft zu hoch lag, müssen weitere Therapievorkehrungen getroffen werden. Nur, wenn bereits vor der Schwangerschaft eine erfolgreiche HIV-Therapie durchgeführt worden ist und während der gesamten Schwangerschaft und direkt vor der Geburt die HIV-RNA bei unter 50 Kopien/mL liegt, kann auf die postnatale Expositionsprophylaxe verzichtet werden. 

Um eine erfolgte HIV-Ansteckung bei dem Neugeborenen sicher auszuschließen, müssen mehrere HIV-Tests durchgeführt werden. Direkt nach der Geburt würde ein HIV-Antikörper-Test falsch positiv ausfallen, da eine Übertragung der HIV-Antikörper von der Mutter ans Kind über die Nabelschnur erfolgt. Trotz des positiven Testergebnisses könnte keine klare Aussage über eine erfolgte Ansteckung getroffen werden können. Ein Kind gilt als sicher HIV-negativ, wenn zwei negative HIV-PCR-Tests nach einem und nach drei Lebensmonaten durchgeführt worden sind. Sollte sich herausstellen, dass das Kind an HIV erkrankt ist, wird schon in den ersten Lebensmonaten mit einer an das Kind angepassten HIV-Therapie begonnen.

Ein weiteres wichtiges Thema für HIV-positive Mütter ist die Frage, ob sie ihr Kind stillen dürfen. Im Allgemeinen wird zunächst ein Stillverzicht empfohlen, da dies für das Kind den größten Schutz darstellt. Sollte die HIV-RNA-Kopienzahl jedoch wieder unter der Nachweisgrenze von 50 HIV-Kopien/mL liegen, eine passende HIV-Therapie durchgeführt und regelmäßige HIV-Tests durchgeführt werden, kann unter einer Abwägung von Nutzen und Risiken in manchen Fällen ein sicheres Stillen erfolgen. Die Entscheidung für oder gegen das Stillen sollte stets mit dem Frauenarzt und mit der HIV-Schwerpunktpraxis diskutiert werden und niemals allein getroffen werden.

Am Ende ist es wichtig, zu erwähnen, dass HIV-positive werdende Mütter nicht allein sind und viele Ansprechpartner haben, die bei jeder Fragestellung Hilfe leisten. Zur eigenen Sicherheit und für die Sicherheit des Kindes sollte die angebotene Hilfe zwingend in Anspruch genommen werden. 
Folgende ehrenamtliche Telefon-Hotlines können angerufen werden: 

- Deutsche AIDS-Hilfe: 0180-3319411

- Fragestellungen zur HIV-Therapie in der Schwangerschaft: 069 – 63017680

- Deutscher Hebammenverband: 0721-9818927


Quelle: www.familienplanung.de/schwangerschaft/beschwerden-und-krankheiten/schwanger-mit-einer-chronischen-erkrankung/hiv-und-schwangerschaft/; www.hivandmore.de/archiv/2021-1/hiv-therapie-in-schwangerschaft-und-bei-exponierten-neugeborenen.shtml; https://register.awmf.org/assets/guidelines/055-002l_S2k_HIV-Therapie-Schwangerschaft-und-HIV-exponierten_Neugeborenen_2020-10-verlaengert.pdf; www.frauenaerzte-im-netz.de; HIV/AIDS in Deutschland – Eckdaten und Trends, Ende 2023 – Epidemiologische Kurzinformation des Robert Koch-Instituts ; www.familienplanung.de/schwangerschaft/beschwerden-und-krankheiten/schwanger-mit-einer-chronischen-erkrankung/hiv-und-schwangerschaft/