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Die Studienergebnisse zu langwirksamem Cabotegravir (Vocabria®) in Kombination mit Rilpivirin (Rekambys®) zur Anwendung in der ART (antiretrovirale Therapie) oder CAB-LA alleine als PrEP machen bisher einen guten Eindruck. Für einige ist eine achtwöchentliche Injektion einer täglichen Tabletteneinnahme durchaus vorzuziehen. Doch bei all den Vorteilen lohnt es sich, auch einmal die Nachteile zu beleuchten.
Die Entscheidung zur CAB-LA-basierten ART oder PrEP wird langfristig getroffen. Eine Umstellung oder ein kurzfristiges Absetzen (im Falle der PrEP) sind nicht möglich. Denn einmal injiziert bleibt das Cabotegravir sehr lange im Körper. Das geht aus den Daten der HPTN-077-Studie hervor. Im Mittel waren es bei weiblichen Teilnehmern 67 Wochen und bei männlichen 44 Wochen, bis im Blut kein Cabotegravir mehr nachweisbar war. In dieser Zeit ist durchaus mit Wirkung, Nebenwirkung und Wechselwirkung des Cabotegravirs zu rechnen. In den Studien HPTN-083 bzw. -084 schloss sich an die Injektionen zur PrEP eine Nachbehandlung mit FTC/TDF für ein ganzes Jahr an. In der Praxis wird das wohl kaum anders sein.
Aufgrund dieser Problematik ist auch die Zulassung für die injizierbare ART mit CAB-LA/RPV sehr eng geschnitten. Zur vorherigen stabilen Suppression (HIV-1-RNA <50 Kopien/ml) gesellen sich der Ausschluss von gegenwärtigen oder dokumentierten Resistenzen gegenüber NNRTIs oder INIs und die Abwesenheit virologischen Versagens unter einer dieser Wirkstoffklassen in der Vergangenheit. Injectables werden also von vornherein nicht allen Patienten zugänglich sein.
Der wohl prominenteste Vorteil dieser neuen Injectables ist die vereinfachte Adhärenz. Kein Wunder, denn eine Spritze alle zwei Monate ist deutlich weniger aufwändig als eine oder mehrere Tabletten täglich. Doch passt der Arztbesuch alle zwei Monate nicht zum gewohnten dreimonatlichen Rhythmus der meisten HIV- oder PrEP-Patienten. Ob sich das in der Praxis auf ein für die Patienten angenehmes Muster einpendelt, oder ob neben dem zweimonatlichen Injektionstermin noch ein dreimonatlicher Kontrolltermin angesetzt wird, muss sich zeigen.
Quelle: [1] Tail-phase safety, tolerability, and pharmacokinetics of long-acting injectable cabotegravir in HIV-uninfected adults: a secondary analysis oft he HPTN 077 trial; Raphael J Landovitz MD, Sue Li PhD, et al.; The Lancet Volume 7, Issue 7, E472-E481, July 01 2020
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Ab dem 1. April 2021 wird ein Festbetrag für die Wirkstoffkombination Efavirenz/Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil eingeführt werden.
Aufgrund dessen hat sich Gilead Sciences dazu entschlossen in mehreren Ländern weltweit und darunter auch in Deutschland mit Wirkung zu Dezember 2021 Atripla® vom Markt zu nehmen. Dies wird damit begründet, dass Atripa® in nationalen und internationalen Leitlinien für die Erstlinien-Therapie nicht mehr empfohlen wird.
Zudem stehen einige generische Alternativen für Atripla® mit der Wirkstoffkombination Efavirenz/Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil zur Verfügung, die auch in der Zukunft auf dem Markt weiterhin zur Verfügung stehen werden.
Quelle: Gilead Sciences GmbH
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Die HIV-PrEP schützt nicht vor anderen STIs (sexually transmitted infections), das muss man niemandem mehr erklären. Doch kann es eine STI-PrEP geben? Wie sähe sie aus? Mit Doxycyclin gibt es dahingehend schon ein wenig Erfahrung. Eine neue Pilotstudie (n=52) beschäftigt sich aktuell mit der einmal täglichen Gabe von 100 mg Doxycyclin zusätzlich zur HIV-PrEP.
Darin wurden einer transgender Frau und 51 MSM mit früherer Syphilis im Verhältnis 1:1 in zwei Arme randomisiert. Neben FTC/TDF wurden entweder sofort 100 mg Doxycyclin p.o. einmal täglich (immediate, IMM) oder erst nach 24 Wochen (deferred, DEF) gegeben. Im Studienzeitraum von 48 Wochen wurden die Patienten im Dreimonatsintervall untersucht. Dabei prüfte man die Probanden auf STIs und HIV. Außerdem wurden eventuelle Resistenzen, Verträglichkeit, Adhärenz ( anhand der Anzahl der eingenommenen Tabletten und Doxycyclin-Plasmaspiegel) und das Darmmikrobiom untersucht und ein Fragebogen zum Sexualverhalten gestellt.
Das Ergebnis: Insgesamt reduzierte die einmal tägliche Einnahme von 100 mg Doxycyclin p.o. die Wahrscheinlichkeit an einer STI zu erkranken deutlich (OR 0.18, p = 0.011). Von den Patienten unter Doxycyclin entwickelte keiner eine Syphilis oder eine Chlamydieninfektion. Beide traten nur im DEF-Arm auf. Da sich dort nur eine einzige Syphilis-Infektion ereignete, bleibt die Aussagekraft zur Prophylaxe der Syphilis gering. Gonokokkeninfektionen traten in beiden Armen auf, die Wirksamkeit hier bleibt aus.
Vor dem Hintergrund der bekannten Probleme und Nebenwirkungen, die eine Langezeittherapie mit Doxycyclin mit sich bringt, ist der Nutzen fraglich. Die Studienautoren weisen auf die schlechte Resistenzbarriere gegenüber Staphylococcus aureus hin. Immerhin drei Teilnehmende wiesen nach 48 Wochen S. aureus-Stämme mit Tetracyclinresistenz auf. Auch dürften die Neben- und Wechselwirkungen für die Patienten um einiges spürbarer sein. Ein zeitlicher Abstand zu zwei- und dreiwertigen Kationen ist bekanntermaßen bei der Einnahme zu beachten, ebenso wie die durch Photosensibilisierung begünstigten Sonnenbrände und Hautreaktionen. Weitere Daten sind dringend notwendig, auch im direkten Vergleich zur STI-PEP und zum bisherigen Management von STIs. Eine solche Studie sei laut Autoren schon finanziert.
Quelle: 1Bolan RK, Beymer MR, Weiss RE, Flynn RP, Leibowitz AA, Klausner JD. Doxycycline prophylaxis to reduce incident syphilis among HIV-infected men who have sex with men who continue to engage in high-risk sex: a randomized, controlled pilot study. Sex Transm Dis. 2015 Feb;42(2):98-103. doi: 10.1097/OLQ.0000000000000216. PMID: 25585069; PMCID: PMC4295649 . 2Grennan T. Daily Doxycycline in MSM on PrEP for Prevention of Sexually Transmitted Infections – The DuDHS Study. CROI 2021.